Die mittelalterlichen Glasmalereien in Soest und Westfalen
Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland, Band VI
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen wird in drei Teilbänden zu den Kirchen Kölns (IV), zum nördlichen Rheinland (V) und zu Westfalen (VI) bearbeitet. Das Gebiet des vorliegenden Projektes ist dabei deckungsgleich mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, bestehend aus der ehemaligen preußischen Provinz Westfalen und dem ehemaligen Fürstentum und späteren Freistaat Lippe.
Die Region überrascht mit einer breiten Überlieferung mittelalterlicher Glasmalerei vom 12. bis zum 16. Jahrhundert. Die ältesten Glasmalereien stammen aus der ehemaligen Stiftskirche St. Patrokli in Soest und wurden vermutlich zu deren Chorweihe, um 1166, geschaffen. Ihr zahlenmäßig großer Umfang ist beachtlich, doch verunklären Versetzungen und Restaurierungen sowie ihre gut gemeinte „Ordnung“ im 20. Jahrhundert ursprüngliche Zusammenhänge. Einzig ein weitgehend erhaltenes Wurzel-Jesse-Fenster ist für seinen ursprünglichen Standort in der nördlichen Apsis gesichert. Dieses für die spätromanische Zeit typische Bildthema begegnet in Westfalen auch in den Glasmalereien aus Lohne (heute Landesmuseum Münster) und – in ungewöhnlicher Ausführlichkeit – in St. Brigida zu Legden.
Für die hochgotische Zeit zwischen 1250 und 1350 sind mehrere Verglasungen mit hohen ornamentalen Anteilen überliefert: seien es ein Christuszyklus und mehrere Standfiguren in St. Johannis in Herford, die in einen Ornamentrapport eingefügten Stifterfiguren in St. Pauli in Soest (teilweise nach Altena und Köln abgewandert) oder – in Fensteranzahl und -fläche in Westfalen unübertroffen – Standfiguren mit hoch aufragenden, preziösen Architekturbaldachinen in der als „Glashaus“ gerühmten Wiesenkirche zu Soest.
Aus der Zeit um 1400 entstammen mehrere Figurendarstellungen in St. Pauli zu Soest, und aus dem 15. Jahrhundert sind Standfiguren aus Soest, St. Walpurgis (heute in der Wiesenkirche) und Dortmund, St. Reinoldi erhalten. Mit dem Marienfenster, dem Wurzel-Jesse-Fenster und dem berühmten „Westfälischen Abendmahl“ ist für das Langhaus der Wiesenkirche eine umfangreiche Verglasung der Zeit um 1500 überliefert. Um diese Zeit entstand auch die monumentale Kreuzigungsdarstellung in St. Johannis in Herford.
Um 1540 wurde die Kreuzgangsverglasung von Marienfeld geschaffen (heute Münster, Dom), und 1549 ist schließlich jenes Marienfenster aus St. Patrokli in Soest datiert, das durch seine Zuschreibung an Heinrich Aldegrever Bekanntheit erlangt hat. Es scheint, dass die Gattung der Glasmalerei auch im späten 16. und 17. Jahrhundert in Westfalen wenig an Bedeutung eingebüßt hat, doch kann im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojektes nur vereinzelt darauf verwiesen werden.
Sind mit diesen aufgeführten Werken die Handels- und Hansestädte auf dem Hellweg – Dortmund, Soest und Herford – recht gut vertreten, fehlen Zeugnisse der Glasmalereien in den Bischofsstädten Münster, Paderborn und Minden fast gänzlich. Für Münster ist zumindest der Grund hierfür in den umfassenden Bilderstürmen der Täuferzeit zu suchen, deren Schriftquellen Aufschluss darüber zu geben versprechen. Zahlreiche kleinere Standorte und archäologischen Ausgrabungsfunde, unter denen die der Pfalz Paderborn als Zeugnis karolingischer Verglasungen besonders hervorzuheben sind, vervollständigen das Bild der Glasmalereien des Mittelalters in Soest und Westfalen.
Corpus Vitrearum Luxemburg
Das Großherzogtum Luxemburg ist reich an künstlerisch höchst bedeutenden Glasmalereien des 19. und 20. Jahrhunderts. Den Beginn markieren die Marienfenster in der Liebfrauen- und nachmaligen Kathedralkirche Luxemburgs, die zwischen 1846 und 1860 von dem Metzer Künstler Laurent-Charles Maréchal geschaffen wurden. Weitere Glasfenster aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen von Louis Steinheil, Paris (Echternach, Willibrord-Basilika; zerstört), Émile Remy, Nancy (Luxemburg, St. Alphons) und von der Mayer’schen Hofkunstanstalt, München (Esch-sur-Alzette, St. Joseph), bevor sich ab 1891 mit der Gründung der Werkstatt Linster & Schmitt in Mondorf-les-Bain eine eigene Luxemburgische Glasmalerei-Tradition etablierte.
Befinden sich noch unter den namhaften Künstlern, die sich ab 1935 für die Verglasung der neu erweiterten Kathedrale von Luxemburg verantwortlich zeichnen, vornehmlich französische, belgische und deutsche Künstler (Louis Barillet, Jacques Le Chevallier, Anton Wendling, Josef Oberberger, Felix Baumhauer), so schufen für spätere Neuverglasungen, allen voran für die 1945 zerstörte Echternacher Abteikirche, zunehmend Luxemburger Künstler neue Fenster: Gustave Zanter, François Gillen, Emile und Joseph Probst, Nina und Julien Lefèvre und viele andere mehr.
Obgleich die Luxemburger Glasmalerei nur auf zwei Jahrhunderte Geschichte zurückblicken kann, hat sie sich als eine eigenständige Gattung sakraler und profaner Monumentalkunst entwickelt, die verschiedenste Einflüsse der Nachbarstaaten vereint und weiterentwickelt. Die glasmalerischen Werke verteilen sich auf über 500 landesweit verbreitete Standorte.
Die jüngst erfolgte Öffnung des internationalen Forschungsverbundes Corpus Vitrearum für die Glasmalereien der gattungsmäßig höchst bedeutsamen Epoche des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts ermöglicht eine Teilnahme Luxemburgs in dem Netzwerk von Kunsthistorikern, Denkmalpflegern und Restauratoren, das bislang nur mittelalterliche und frühneuzeitliche Glasmalereien im Blickfeld hatte. Damit geht eine Inventarisierung und Dokumentation auf internationalem Standart der landeseigenen Bestände einher.
Arbeiten zu Luxemburger Kirchen:
- St. Willibrord in Echternach: Frühromanische Basilika 1016–31, Umbau im 13. Jh., Erweiterungen des 17. Jh., nach Teilzerstörungen 1797 und 1944 jeweils wieder aufgebaut; Verglasungen von Louis Steinheil, 1880, und Anton Wendling, 1939 (beide 1944 zerstört), Neuverglasung 1951/52 durch Jacques Le Chevallier, François Gillen, Théodore Hanssen, Jean Barillet, Gustave Zanter, Émile und Joseph Probst, Tony Hagen, Paul Bony und Adeline Hébert-Stevens (insg. 49 Fenster)
- St. Eligius in Düdelingen: Kapelle von Norbert Mangen 1962–64, Verglasung von Frantz Kinnen
- St. Cosmas und Damian in Clerf: Kirche von Johannes Franziskus Klomp 1910–12, Bauzeitliche Verglasung von Schneiders & Schmolz, Köln, 1916 (zerstört; umfangreiche Quellenlage), heutige Verglasung von Gustave Zanter, 1947 und 1961–66 nach bauzeitlichem ikonografischem Programm
- St. Andreas in Ulflingen (Troisvierges): Ehem. Konventskirche der Franziskaner 1640–58, Verglasung der Firma Binsfeld, Trier, um 1925, Fenster von Gustave Zanter, 1969
- St. Sebastian in Ettelbrück: Kirche von Louis Dagois 1841–64, Querhausfenster von Joseph und Émile Probst 1948
- Bildchen-Kapelle in Vianden: Von Architekt Carl Arendt 1848–50 mit bauzeitlichen lithographierten Ornamentfenstern
- Hl. Jungfrau Maria in Mamer-Capellen: Bau von Pierre Reuter 1954–56, Verglasung von Émile und Denise Probst 1956, Sakristeifenster mit Fragmenten des Vorgängerbaus
- Herz-Jesu-Kirche (Sacré-Coeur) in Esch an der Alzette: Bau von Jean Deitz-Kintzelé 1931–32, Verglasung von Heinrich Dieckmann (?), 1932
- St. Johannes der Täufer in Mamer: Chor von 1541, Erweiterungen 1843–45 und 1930–32; Querhausverglasung 1931/32 der Firma Linster (Weihnachtszyklus Nordseite) und der Firma Binsfeld (Osterzyklus Südseite), Sakristeifenster u.a. mit Ornamentverglasungen des 19. Jh.
- Christus-Erlöser-Kirche in Kopstal-Bridel: Bau von René Schmit 1968–71 mit großflächiger Betonverglasung von Mett Hoffmann (Nordseite) und Jean Thill (Südseite), 1970
- St. Martin in Düdelingen: Kirche von Pierre und Alphonse Kemp 1893–98, Langhausverglasung von Notker Becker OSB 1924–27, Chorfenster von Joseph und Émile Probst 1951, Eingangsfenster von Frantz Kinnen um 1965
- Hl. Familie in Luxemburg-Beggen: Saalkirche von Joseph Jengten 1936/37 mit Chorerweiterung von Robert Leer 1963/64, Verglasung von Binsfeld, Atz & Görgens und Linster 1936, Chorverglasung von Roger Bertemes 1964
- St. Alfons in Luxemburg (Stadt): Kirche von Antoine Hartmann 1856–58, Verglasung von Émile Remy aus Nancy 1858
- St. Barbara in Differdingen-Lasauvage: Kirche von Architekt Dax 1893/94, Verglasung von Linster und Schmit aus Bad Mondorf um 1894
- St. Benedikt in Bad Mondorf-Altwies: Saalkirche von 1875, Verglasung von Linster und Schmit aus Bad Mondorf 1896–1900
Gutachten für das Büro Dr. Rauch, Koblenz
Seit 2018 erstelle ich unter Leitung des Büros Dr. Rauch, Koblenz, Fachgutachten für Kirchenverglasungen im Raum NRW/Hessen/Rheinland-Pfalz, die oftmals Grundlage für anstehende Sanierungsmaßnahmen sind. Die Spanne der zu begutachtenden Verglasungen reicht von mittelalterlichen Werken über barocke Blankverglasungen bis hin zu Künstlerfenstern der jüngsten Vergangenheit. Ein Schwerpunkt bilden Verglasungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die in zunehmendem Maße vor Schädigungen geschützt werden müssen und deren kunsthistorischer Wert lange Zeit verkannt wurde.
Abgeschlossene Gutachten (Auswahl):
- Kath. Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Nabburg: Gotischer Bau der Zeit zw. 1290 und 1350,
Verglasung der Kirche durch die Werkstatt Franz Xaver Zettler 1900-1904 unter Einbeziehung zweier mittelalterlicher Scheiben eines Christuszyklus sowie mittelalterlicher Maßwerkfelder - Ev. Markt- und Hauptpfarrkirche St. Marien in Lübeck: Gotische Backsteinbasilika mit Umgangschor, um 1200 bis vor 1444, Verglasung beim Bombenangriff 1942 restlos zerstört, u.a. mittelalterliche Burgkirchenfenster (von Milde und Achelius eingebaut), Marienkrönungsfenster von Dirck Vellert (1521-24) und Kaiserfenster von Karl de Bouché (1913). Neuverglasung der Nachkriegszeit mit Rautenverglasungen, darinnen Inschriften, Wappen- oder Logodarstellungen der Stifter sowie ein Ostgebietefenster von Bruno Fendrich (Entwurf) und Berkentien (Ausführung). 1955/56 zwei Totentanzfenster von Alfred Mahlau, 1962 Westfenster von Hans Gottfried von Stockhausen, 1982 zehn Briefkapellenfenster und 1999 Westportal von Johannes Schreiter, 2002 Vanitas-Tympanon von Markus Lüpertz
- Dom Zu Unserer Lieben Frau in München: 1468–1494 erbaut, im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, umfangreiche spätmittelalterliche Verglasung (ca. 640 Felder aus der Vorgängerkirche, dem Neubau und der Salvatorkirche, u.a. Herzogen-, Astaller- und Scharfzandtfenster), moderne Verglasung der 1930er-Jahre und der Nachkriegszeit u.a. von Max Lacher, Peter Gitzinger, Robert Rabolt, Wilhelm Geyer und Karl Knappe
- St. Nikolaus in Bensberg (Bergisch Gladbach): Kirche von Carl August Lange 1875–86, Chor- und Obergadenfenster von Fritz Schaefler 1933/34, Josefsfenster von Peter Hecker 1939, Quer- und Langhausfenster von Paul Weigmann 1957–59, Eingangs-Tympanon von Sieger Köder 2002
- Münster U. L. Frau in Freiburg i.Br., Nördliche Kaiserkapelle: Mittelalterlicher Bau, Chorumgang zu Beginn des 16. Jh. vollendet, zwei Maßwerkfenster mit „schwebenden Bildfenstern“ von Fritz Geiges 1912 nach Originalen der Ropstein-Werkstatt 1526–29 (Entwürfe: Hans Baldung Grien)
- Maria Himmelfahrt an der Abtei Sayn in Bendorf: Mittelalterlicher Bau um 1200–1250, Chor um 1385, historistische Verglasung von Chr. Kalenberg, Koblenz um 1890 (wenig erhalten), Chorverglasung 1958, Fenster der Anräume mit bauzeitlichen, mittelalterlichen Eisengittern
- St. Peter in Bad Wimpfen im Tal: Gotische Kirche des 13. Jh., historistische Verglasung von Fritz Geiges 1897–1903 nach mittelalterlichen Originalen
- St. Bonifatius in Wiesbaden: Kirche von Philipp Hoffmann 1845–49, Verglasung von Johannes Beeck 1965–69
- St. Konrad in Regensburg: Kirche von Max Wittmann 1935/36, westlicher Anbau in Zeltdachform von Franz Günthner 1966/67 mit fünf Glas-Giebelfronten von Erich Schickling
- Elisabethkirche in Marburg: Gotische Hallenkirche 1235–1323, Verglasung des Ostchores, der Nord- und Südkonche mit spätromanischen und hochgotischen Glasmalereien (um 1240/50 bzw. um 1300/20) sowie mit Fenstern des 19. und 20. Jahrhunderts
- St. Mariä Himmelfahrt in Alfter-Oedekoven: Kirche von Emil Steffan 1956, Verglasung von Hans Lünenborg, 1959
- St. Bonifatius in Wirges: Kirche von Max Meckel 1887, neun figürliche Fenster einer unbekannten Werkstatt, 1886 datiert, übrige Verglasung von Josef Jost, 1962
- Liebfrauenkirche in Oberursel: Kirche von Rudolf und Maria Schwarz 1964, Verglasung von Gieselbert Hoke (Schloss Saager in Kärnten), 1967
- Münster in Herford (ehem. Kirche des Damenstifts): Mittelalterlicher Bau (13. Jh. mit Erweiterungen des 14./15. Jh.), figürliche und ornamentale Verglasung von Erhardt Klonk, 1953–57
- St. Johannis in Herford: Mittelalterlicher Bau (13./14. Jh.), Chorverglasung um 1320–1500, von Fritz Geiges 1909 umgreifend restauriert und ergänzt, Langhausverglasung von Fritz Geiges und Wolfgang Perbandt, 1909 bzw. um 1950
- St. Johannes der Täufer in Bottrop-Kirchhellen: Kirche von Wilhelm Sunder-Plassmann 1925, Bauzeitliche Verglasung von Wilhelm Sommer (zerstört), Langhausverglasung mit Symbolen um 1950–52, Fenster der Marienkapelle und des Chores von Joachim Klos 1963 bzw. 1966
- St. Laurentius in Ennigerloh-Westkirchen: Kirche von August Hanemann 1868–71, Langhausfenster von Victor von der Forst, um 1930, Chorfenster von Paul von der Forst, 1945, Fenster der Sakramentskapelle von Erentrud Trost, 1987
- St. Peter und Paul in Bad Camberg: Bau von Friedrich Ludwig Sckell, 1777–79, Wabenverglasung von 1963 mit Rosenkranzmedaillons von Ernst Kreuzer, 1890/92
Vetrate italiane
Für gewöhnlich verbindet man die Gattung der Glasmalerei mit den gotischen Kathedralen Frankreichs und allgemein der nordalpinen Kunst. Weniger bekannt ist dagegen, dass die Glasmalerei im Tre-, Quattro- und Cinquecento auch in Italien zu den herausragenden Kunstgattungen zählt. So lernte beispielsweise Vasari bei einem Glasmaler (Guillaume de Marcillat), den er auch in seinen Viten würdigt. Überhaupt gibt es wohl keine andere Kunstlandschaft, in der eine vergleichbare schriftliche Quellenlage bezüglich Auftraggeberschaft, Künstler (sowohl entwerfend, als auch ausführende) und Ausführungstechnik von Glasfenstern vorliegt wie in der Toskana und in Umbrien.
Das Forschungsprojekt „Vetrate italiane“ will die bedeutendsten Bestände an italienischer Glasmalerei monografisch aufarbeiten.
Ornamentale Glasmalerei des Mittelalters (abgeschlossen)
Die erste Studie zur ornamentalen Glasmalerei des Mittelalters widmet sich erstmals grundlegend diesem Thema und erfüllt damit ein in der kunsthistorischen Forschung wiederholt angemahntes Desiderat. Ausgehend von der These, dass Ornamentfenster zu den häufigsten Arten gläserner Fensterverschlüsse in der Hochgotik zählten, werden die heute noch erhaltenen Werke in den Regionen am Rhein vorgestellt und untersucht. Dazu zählen schlicht gemusterte Blankverglasungen ebenso wie farblose Grisaillefenster oder farbige Ornamentfenster mit flächig-additiven, vegetabilen oder geometrisch konstruierten Musterrapporten sowie nicht-figürlich verglaste Fensterrosen.
Zu den Kirchen, in denen sich umfangreiche ornamentale Verglasungen erhalten haben, zählen neben dem Kölner Dom, der Zisterzienserkirche Altenberg oder der Marburger Elisabethkirche auch zahlreiche weitere Bischofs-, Stifts- und Pfarrkirchen sowie Klosterkirchen unterschiedlicher Kongregationen. Auch das Straßburger Münster beherbergt ornamentale Großmedaillonfenster, die ursprünglich für die dortige Dominikanerkirche geschaffen wurden und in ihrer Erfindung als einzigartig gelten dürfen.
Untersucht werden auch die legislativen Schriftquellen der Reform- und Bettelorden, namentlich der Zisterzienser und der Franziskaner, welche figürliche Darstellungen in ihren Fenstern einschränkten oder gar untersagten. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Musterbildungsprozess der verschiedenen Ornamentarten nach dem Herstellungsprozess des Holztafelverfahrens, wie es Theophilus Presbyter im 12. Jahrhundert beschrieben hat.
Die Dissertation wurde 2016 mit dem Wetzstein-Preis für Kunstgeschichte ausgezeichnet und ist 2018 im Deutschen Verlag für Kunstwissenschaften, Berlin, in der Studien-Reihe des CVMA Deutschland als Band 3 erschienen:
Fenestrae non historiatae. Ornamentale Glasmalerei der Hochgotik in den Regionen am Rhein (1250–1350) (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland, Studien 3), Berlin 2018.
timmen zum Buch:
„Den Wert dieser Publikation auf lange Sicht kann man nicht hoch genug einschätzen. Wer bisher Glasmalerei und Ornamentik als bloßes Beiwerk zu Architektur und Figur verstanden hatte, muss umdenken. Allein dies macht die Lektüre ungemein spannend und lohnend. Es zeigt sich wieder einmal: das Sichtbare ist voller Geheimnis, und dieses Geheimnis zum Leuchten zu bringen, ist die schönste Aufgabe der Wissenschaft.“ [Wolfgang Schmölders, in: Glashaus 1/2019]
„Glasklarer Blick auf ein schwieriges Thema“ [Volker M. auf Amazon]
Michael Burger’s book should, no doubt, be deemed an important and useful addition to the scholarship dedicated to medieval stained glass. By dint of its clear, logically organized structure, useful and generally convincing classification of ornamental glazing as well as the high level of editorial merit, this publication, featuring also 447 illustrations, is bound to represent a boon for future researchers.
[Joanna Utzig, in: Folia Historiae Artium, Seria Nowa 17, 2019]
This study provides a solid foundation and highlights the significance of ornamental glazing in the totality of architectural effect in Gothic church building.
[James Bugslag, in: The Journal of Stained Glass 43, 2019]
Die Langhausverglasung der Stiftskirche
St. Florentius in Niederhaslach (abgeschlossen)
Die ehemalige Stifts-, Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Florentius in Niederhaslach (Elsass) besitzt in ihren zwölf Langhausfenstern einen vorzüglich erhaltenen Bildzyklus aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Auf der Südseite werden die Viten des Pfarrpatrons Johannes der Täufer, des Klostergründers Florentius und ein umfangreicher Marien- und Christuszyklus gezeigt, die Nordseite hat moralisch-didaktische Themen zum Inhalt: Kampf der Tugenden gegen die Laster (Psychomachia), Apostelmartyrien, Werke der Barmherzigkeiten, Fegefeuer, Messopfer und Jüngstes Gericht. Dabei wechseln sich szenische Fenster mit Großmedaillonfenstern ab und leiten damit von den kleinteiligen Bilderzyklen der Hochgotik zu den räumlichen Bildfenstern der Spätgotik über, die sich über den vorgegebenen architektonischen Rahmen hinwegsetzen. Das auf Pilger ausgerichtete Bildprogramm ist heute noch nahezu unverändert vor Ort erlebbar.
(Magisterarbeit, unpubliziert)